• Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute - AGÖF

    Stellungnahme der AGÖF zur Richtlinie VDI 6202-3 - Asbest

    VDI-Richtlinie 6202-3 - Schadstoffbelastete bauliche und technische Anlagen, Asbest – Erkundung und Bewertung

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    Veröffentlicht: endgültige Version des AGÖF-Leitfadens

    Hausstaubuntersuchungen auf chemische Parameter" (SVOC, Schwermetalle, POM)

AGÖF - das Innenraumkompetenzzentrum

Bitumen und Teer

 

Teer

Heute wird noch oft der Fehler gemacht, Bitumen und Teer gleichzusetzen, obwohl es grundverschiedene Stoffe sind. Teer wird durch Pyrolyse z.B. von Kohle hergestellt. Dabei ist Pech die Bezeichnung für zähflüssige bis feste, teerartige bis bituminöse schmelzbare Rückstände, die bei der Destillation organischer Materie (Naturstoffe) oder von Stein - bzw. Braunkohlenteer zurückbleiben. Teer ist ein flüssiges bis halbfestes, tiefschwarzes oder braunes Produkt, das bei der trockenen Destillation von Steinkohle, Braunkohle und anderer fossiler Brennstoffe entsteht und in erster Linie aus Kohlenwasserstoff-Gemischen besteht.

Teer enthält u.a. große Mengen an PAK (z.B. Naphthalin, Benz-a-Pyren), Phenolen und Kresolen, die als krebserregend gelten. Die Zusammensetzung der Teere ist je nach Herkunft unterschiedlich. Die leichter flüchtigen PAK und die Phenole/Kresole dürften hauptsächlich für den typischen Teergeruch verantwortlich sein.

Teerdachbahnen wurden seit Mitte des 19. Jahrhunderts hergestellt und waren vor allem auf Häuser mit flachen Dächern eingesetzt. Aber bereits seit 1906 stand Bitumen für Abdichtungszwecke zur Verfügung, die endgültige Wende erfolgte Anfang der siebziger Jahre. Das für die Herstellung von Bitumen- und Polymerbitumenbahnen verwendete Bitumen ist seitdem völlig frei von Teer und Teerprodukten. Teerdachbahnen werden gar nicht mehr hergestellt.Der Einsatz von Teer im Straßenbau wurde in den 1970er und 1980er Jahren verboten und ganz durch Asphalt ersetzt.

Bitumen

Bitumen sind die bei der schonenden Aufarbeitung von Erdölen gewonnenen dunkelfarbigen, hochmolekularen Kohlenwasserstoffgemische und die in Schwefelkohlenstoff löslichen Anteile der Naturasphalte, den natürlich vorkommenden Gemischen aus Bitumen und Mineralstoffen. Sie sind komplexe kolloide Systeme, die je nach Herkunft und Herstellungsverfahren aus unterschiedlichen Mengen aliphatischer und aromatischer Kohlenwasserstoffe bestehen. Für den Geruch von Bitumen sind hochsiedende, schwefelhaltige Kohlenwasserstoffe verantwortlich, die auch in großer Verdünnung wahrgenommen werden.

Bitumen wirkt wärmeisolierend und wird aufgrund seiner Widerstandsfähigkeit gegenüber Luft, Wasser und Chemikalien in vielen Anwendungsbereichen als Abdichtungsmaterial verwendet. Der größte Teil wird als in einfachen Verfahrensschritten hergestellter Destillationsbitumen im Straßenbau eingesetzt. Bitumen-Heißklebemasse und Bitumenbahnen werden aus Oxidationsbitumen hergestellt, der durch Einblasen von Luft entsteht. Durch Veredelung mit Polymeren entsteht Polymerbitumen, aus dem Dachbahnen hergestellt werden. Im Baubereich findet Bitumen Verwendung für folgende Produkte:

  • Dach- und Dichtungsbahnen
  • Isolieranstriche
  • Bautenschutzmittel
  • Asphaltestrich
  • Beschichtung von Papier und Weichfaserplatten

Früher wurde Bitumen auch zur Herstellung von Linoleumersatz (Stragula) verwendet.

Wie krebserzeugend sind beide Stoffe?

Teerprodukte haben ein sehr hohes carcinogenes (krebserregendes) Potential und sind nur unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen zu verarbeiten. In der Liste der maximalen Arbeitsplatzkonzentration für Gefahrstoffe (MAK-Liste) steht es in der Gruppe III A1, als krebserzeugend. Grund hierfür sind die im Teer enthaltenen polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK), von denen einige krebserregend sind. Als Beispiel für PAK seien hier Naphthalin, Benzo[a]pyren und Benz[a]anthracen genannt. Diese Verbindungen entstehen bei unkontrollierten, unvollständigen Verbrennungen organischer Stoffe.

Bitumen (Dampf und Aerosol) sind in der MAK-und BAT-Werte-Liste 2001 als hautresorptiv (wird durch die Haut aufgenommen) und krebserzeugend, Kategorie 2, bewertet worden. Diese Bewertung bezieht sich lt. Begründung der MAK-Kommission auf Dämpfe und Aerosole aus Bitumen bei der Heißverarbeitung. Es existiert ein Grenzwert von 10 mg/m³ für Dämpfe und Aerosole aus Bitumen für die wesentlichen Arbeiten mit Heißbitumen. Festes Bitumen im Straßenbelag, in Dachbahnen, in Isolieranstrichen usw. wird nicht durch die Haut aufgenommen, bei den auf Straßen und Dächern üblichen Temperaturen gibt es auch keine Emissionen aus Bitumen. Dämpfe und Aerosole aus Bitumen sind von der Internationalen Krebsagentur (IARC) und der deutschen MAK-Kommission in 2018 hinsichtlich ihrer krebserzeugenden Eigenschaften eingestuft worden: http://www.asphalt.de/media/exe/137/794803395528bab028caaa0583ab30b7/bitumenkrebs.pdf. Hier sind weitere Informationen der BG BAU - Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft zu den Einstufungen zu finden.

Abfallrechtliche Einstufung und Entsorgung der Abfälle

Die Ablagerung von teerhaltigen Dachpappen auf oberirdischen Deponien entspricht wegen ihres hohen Schadstoffpotentials nicht mehr dem Stand der Technik. Das wurde von der EU bei der Novellierung des europäischen Abfallkatalogs berücksichtigt und mit Inkrafttreten der Abfallverzeichnisverordnung (AVV) am 01.01.2002 wurde diese Regelung in deutsches Recht umgesetzt.

Die AVV enthält im Kapitel Bau-und Abbruchabfälle die Gruppe Bitumengemische, Kohlenteer und teerhaltige Produkte und unterscheidet hierin wiederum in drei Abfallarten:

  • 17 03 01*  kohlenteerhaltige Bitumengemische
  • 17 03 02    Bitumengemische mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 03 01 fallen
  • 17 03 03*  Kohlenteer und teerhaltige Produkte

Die mit einem * versehenen Abfälle sind besonders überwachungsbedürftig zur Verwertung und Beseitigung. Teerhaltige Abfälle werden dem Abfallschlüssel (AS) 17 03 03*, Kohlenteer und teerhaltige Produkte zugeordnet, Bitumendachbahnen dagegen dem AS 17 03 02.

Bei der Entsorgung von teerpechhaltigen Materialien ist eine grobe Trennung der einzelnen Fraktionen ist besonders wichtig, hierdurch können Entsorgungskosten reduziert werden. Es ist davon auszugehen, dass Dachpappen, die aus dem Abriss von älteren Gebäuden stammen, teerhaltig und damit besonders überwachungsbedürftig sind. Bei Dachpappen aus Neubauten, z.B. Verschnitt, ist davon auszugehen, dass diese teerfrei sind und damit nicht besonders überwachungsbedürftig.

Teerhaltige Materialien sind meist schon am Geruch zu erkennen. Es gibt auch Schnellerkennungsmethoden, wie zum Beispiel Farbindikatoren oder "Teerpistolen" (TSE-Geräte). Im Zweifelsfall kann es bei der Entsorgung großerer Mengen von Dachmaterialien nötig sein, eine Analyse auf PAK machen zu lassen.

© AGÖF / Verfasserin: Marlies Ante, E-Mail: info@agoef.de, Stand: August 2021